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Joseph Haydn Werke. Reihe XXVIII, Band 1
Il Ritorno di Tobia. Oratorio
Herausgegeben von Ernst Fritz Schmid
Kritischer Bericht verfasst von Friederike Mühle mit Vorarbeiten von Ernst Fritz Schmid

München: Henle 2018
172 Seiten

 

Die 1963 erschienene Edition von Il Ritorno di Tobia war eine wahre Pionierleistung der damals noch jungen Haydn-Gesamtausgabe. Nicht nur, dass mit dem 1775 komponierten und für eine Wiederaufführung 1784 um zwei Chöre erweiterten italienischen Oratorium ein kaum bekanntes Werk für die Musikpraxis wiedergewonnen wurde: Ernst Fritz Schmid legte hier eine sehr sorgfältige, auf umfassender Kenntnis des Materials beruhende und durch Einbeziehung verschiedener Fassungen für damalige Bedingungen durchaus „moderne“ Edition vor. Die Arbeit hatte er bereits einige Jahre vorher im Auftrag der Haydn Society Boston–Wien begonnen. Nachdem deren Gesamtausgabenprojekt aber nach vier Bänden gescheitert war, erklärte er sich 1958 bereit, seine Edition für Joseph Haydn Werke einzurichten. Gleichwohl ist dem Band diese Genese noch anzumerken: Er entspricht in vielem nicht den Editionsprinzipien unserer Gesamtausgabe. So wird auf die Kennzeichnung von Ergänzungen durch Klammerung dann verzichtet, wenn sie auf Basis von Nebenquellen oder Parallelstellen erfolgten.

Als Revisionsbericht hatte Schmid beim Joseph Haydn-Institut ein umfangreiches Typoskript mit Quellenbeschreibungen und Lesartenverzeichnis eingereicht. Es diente als Grundlage für den nun vorgelegten nachträglichen Kritischen Bericht, war aber an vielen Stellen zu erweitern – und auch zu korrigieren. So hatte Schmid ein einzeln überliefertes Particell fälschlich als Teilautograph eingestuft und die dort enthaltene ausgezierte Fassung der Aria „Quando mi dona un cenno“ sowie zwei Kadenzen zur Aria „Quel felice nocchier“ in den Haupttext des Notenbandes aufgenommen. Seine Einschätzung ist nicht haltbar, doch geben die Stimmen Einblick in die zeitgenössische Verzierungspraxis. Die in den gedruckten Libretti enthaltenen Szenenangaben und Regieanweisungen nahm Schmid (als vermeintlich der Gattung Oratorium fremd) nicht in den Notenband auf, obwohl sie grundlegende Informationen zur Handlung enthalten. Sie wurden schon in der 2009 im G. Henle Verlag erschienenen Studien-Edition des Oratoriums ergänzt und werden nun auch im Kritischen Bericht wiedergegeben.

Die Quellenbeschreibungen wurden berichtigt und umfassend ergänzt, die Quellenbewertung nach Schmids Grundsätzen neu erstellt. Für die Lesarten mussten die wichtigsten Quellen noch einmal kollationiert werden, nicht zuletzt, um die nicht diakritisch gekennzeichneten Ergänzungen im Einzelnen belegen zu können.