Bearbeitungen von Arien und Szenen anderer Komponisten, 1. Folge

Joseph Haydn Werke, Reihe XXVI, Band 3
Hrsg. v. Christine Siegert
München: Henle, 2014
XXVIII, 330 Seiten (289 Notenseiten, dazu Vorwort und Kritischer Bericht)

 

Zu Haydns Pflichten als Kapellmeister des Esterházy’schen Opernhauses gehörte nicht nur die Komposition von Bühnenwerken, sondern auch die Aufführung von Opern anderer Komponisten. Wie damals üblich, richtete er sie für die lokalen Bedingungen ein, etwa durch Einlagearien, Kürzungen, Transpositionen, oft auch durch tiefer in die musikalische Substanz eingreifende Umarbeitungen einzelner Nummern. Die von ihm komponierten Einlagearien sind in den Bänden 1 und 2 der Reihe XXVI von „Joseph Haydn Werke“ veröffentlicht. Die beiden weiteren Bände der Reihe, von denen der eine (Band 3) jetzt vorliegt, sind Haydns Bearbeitungen von Arien und Szenen aus Opern anderer Komponisten gewidmet.

Der Band geht zurück auf ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziertes, 2003 bis 2006 vom Haydn-Institut gemeinsam mit dem Institut für Musikwissenschaft der Bayerischen Julius-Maximilians-Universität Würzburg durchgeführtes Projekt (Leitung: Ulrich Konrad und Armin Raab). Die damalige Projektmitarbeiterin und jetzige Bandherausgeberin konnte durch Untersuchungen des in der Széchényi-Nationalbibliothek in Budapest nahezu vollständig erhaltenen Esterházy’schen Aufführungsmaterials über die bereits bekannten Bearbeitungen hinaus zahlreiche weitere identifizieren.

Doch nicht nur darin ist der Band innovativ. Neu innerhalb der Haydn-Gesamtausgabe ist der editorische Ansatz, durch den Ausgangs- und Endpunkt der Bearbeitung sichtbar werden. So kann man nicht nur die von Haydn erstellte neue Fassung, sondern auch ihren Ausgangspunkt erkennen. Je nach Sachlage werden die Bearbeitungsprozesse durch synoptische, sukzessive oder simultane Verfahren dargestellt. Wenn Transpositionen Teil des Bearbeitungsprozesses sind, ist eine synoptische Anordnung beider Fassungen in zwei parallel angeordneten Akkoladen erforderlich. Bei Ersetzungsvorgängen einzelner Takte werden die getilgten und die diese ersetzenden neuen Takte sukzessive nacheinander angeordnet. Änderungen, die lediglich einzelne Stimmen betreffen, lassen sich simultan durch Ossia-Systeme darstellen. Die von Haydn geänderten Noten werden grau hinterlegt, so dass auch kleinere Eingriffe jederzeit zu erkennen sind.

Der Band enthält 17 Arien (teils mit vorangehendem Rezitativ) von Pasquale Anfossi, Carl Ditters von Dittersdorf, Giuseppe Gazzaniga, Niccolò Piccinni, Vincenzo Righini und Antonio Salieri samt Haydns Bearbeitung. Im Kritischen Bericht werden die Details der Bearbeitungsvorgänge ausführlich dargestellt, im Vorwort die Kontexte der Arien innerhalb der jeweiligen Oper.