Sinfonien um 1770–1774

Joseph Haydn Werke, Reihe I, Band 5b
Hrsg. v. Andreas Friesenhagen und Ulrich Wilker in Verbindung mit Stephen C. Fisher und Clemens Harasim
München: Henle, 2013
XIV, 270 Seiten (219 Notenseiten, dazu Vorwort und Kritischer Bericht)

 

Der Band enthält sieben Sinfonien Joseph Haydns, die im Zeitraum von 1770 bis 1774 entstanden. Fünf davon (Hob. I:44, 43, 52, 51 und 64) sind nicht autograph überliefert und deswegen nicht genau zu datieren. Hauptüberlieferungsträger sind in diesen Fällen Kopistenabschriften (Aufführungsmaterial in Stimmen), Frühdrucke spielen nur eine geringe Rolle. In Teilen autograph überliefert ist die ebenfalls in dem Band edierte Sinfonie in C-Dur Hob. deest. Diese Sinfonie war bis jetzt nur im Anhang einer amerikanischen Dissertation veröffentlicht. Ihre ersten beiden Sätze entstammen der Ouvertüre (Hob. Ia:1I,II), die nach heutigem Wissensstand zu Haydns 1773 komponierter Oper L’infedeltà delusa gehört. Menuett und Finale sind separat in einer teilautographen Partitur in der Berliner Staatsbibliothek überliefert. Haydn komponierte sie spätestens 1774, wohl eigens, um die Ouvertürensätze zu einer Sinfonie zu ergänzen. In der hier vorgelegten Form ist die Sinfonie ausschließlich durch zwei Stimmenabschriften spanischer Provenienz überliefert. Ob Haydn das Werk für den Verkauf nach Spanien oder aus einem anderen Anlass zusammenstellte, ist unklar.

Schließlich enthält der Band noch die Sinfonie Hob. I:60 mit dem Beinamen Il Distratto, die Haydn ursprünglich als Schauspielmusik für die Komödie Der Zerstreute komponierte. Diese deutsche Fassung von Jean-François Regnards Le Distrait wurde auf Schloss Eszterháza durch die Theatertruppe von Karl Wahr gegeben, die für längere Zeit am fürstlichen Hof engagiert war. Eine Aufführung mit Haydns Musik ist erstmals 1774 durch eine Rezension in der Preßburger Zeitung belegt. Dem ursprünglichen Verwendungszweck als Ouvertüre, Zwischenaktmusiken und Nachspiel verdankt das Werk die ungewöhnliche, sechssätzige Anlage.